... gestiegen, daß man sie durch das defekte Dach sehen konnte und es wurde auch immer wärmer. Da Retenu sie in guter Laune wußte, begann er Fragen über ihre Vergangenheit in den Sand zu schreiben und auch als sie immer einsilbiger wurde, fragte er heute energisch weiter. Er wollte einfach alles über Lenas Leben wissen. Der junge Ägypter war fasziniert von diesem außergewöhnlichen, goldhaarigen Mädchen, das manchmal so natürlich und manchmal so kratzbürstig wie eine Wildkatze sein konnte. Seine Gedanken schweiften, seit sie im Haus seines Vaters weilte, oft zu ihr und er hätte zu gerne ihre Zurückhaltung und ihr Mißtrauen besiegt. Er fragte immer weiter und wollte schließlich wissen, ob Lena zuhause jemand Männliches habe, der auf sie warte. Als Lena aber merkte, daß er versuchte ihren Schutzwall zu durchdringen, übermannte sie plötzlich wieder der Zorn auf den Mann dessen Besitz sie war, der ihr Schicksal in der Hand hatte und aus irgendeinem ihr selbst unklaren Grund wollte sie ihm wehtun. Zornig schrie sie ihn also an. „Ich werde dir nie gehören, denn mein Herz ist schon vergeben. Nie werde ich an einen anderen Mann auch nur denken und dir werde ich weder mein Vertrauen schenken, noch meine Freundschaft. Du bist schuld, daß ich aus allem herausgerissen wurde, was ich kannte und liebte. Du bist schuld, daß ich nie wieder nach hause zurückkehren kann....du bist schuld .....“ Der Rest ihrer Beschuldigungen ging in einem lauten Schluchzen unter und sie barg das Gesicht in den Händen. Sie sah nicht die Bestürzung in Retenus Zügen und auch nicht wie seine Miene nach einem kurzen Anflug von Verzweiflung wieder verschlossen wurde. Lena wußte selbst nicht mehr, ob sie aus Wut auf Retenu weinte, aus Wut auf das Schicksal, oder aus Wut auf sich selbst. Es war ihr auf jeden Fall klar, daß sie ungerechterweise all Ihre Verzweiflung an Retenu ausgelassen hatte, dem sie eigentlich dankbar sein sollte. Immerhin behandelte er sie viel besser, als es einer Sklavin zukam. Als ihr Schluchzen verebbte und sie den Kopf hob, sah sie, daß Retenu mit angespannter Miene den Kopf lauschend zur Seite geneigt hatte. Lena schüttelte ihre Verzweiflung ab, horchte ebenfalls und hörte ein ihr fremdes Geräusch, das sie nicht einordnen konnte. Es klang wie ein fernes Heulen und fragend sah sie Retenu an, der ein undurchdringliches Gesicht machte. Das Geräusch kam näher und klang so unheilvoll, daß sie unwillkürlich näher an den jungen Mann heranrückte. ...
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