... noch nie einen so furchtbaren schmerzerfüllten Schrei gehört hätte, wie ihn der Junge ausstieß, als er seine Mutter in ihrem Blut auf der Straße liegen sah. Danach hatte man ihn nie wieder ein Wort reden hören. Sein Vater hatte ihn zu allen möglichen Ärzten geschickt, doch alle hatten nur mit den Schultern gezuckt und die Reaktion auf den schrecklichen seelischen Schock zurückgeführt. Inzwischen war Retenu ein junger Mann von fünfundzwanzig Jahren und redete immer noch kein Wort. Lena konnte nicht genau analysieren, was sie für Retenu empfand. Einerseits war da auf jeden Fall tiefes Mitgefühl für den Jungen Retenu, der so Schreckliches mitgemacht hatte. Auf der anderen Seite war da ein ganz seltsames warmes Gefühl für den schönen Fremden, der ihr zur Hilfe gekommen war. Dann war da aber auch ein Gefühl von Angst und Zurückhaltung gegenüber dem Mann, der sie jederzeit als sein Eigentum einfordern konnte. Lena wußte, daß die Zeit für eine Flucht langsam knapp wurde. Inzwischen hatte sie ziemlich viele Freiheiten. Sie durfte sich ohne Begleitung im Haus bewegen und den großen Innenhof besuchen wann immer sie wollte und gerade nicht gebraucht wurde. Sie hatte zwei kleine Nebenpforten entdeckt, war aber noch nie alleine in deren Nähe gewesen. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als immer wieder wie zufällig an diesen Türen vorbeizuschlendern und zu hoffen, daß eine von ihnen einmal unverschlossen wäre und sie unentdeckt entwischen könnte. Sie wollte gar nicht darüber nachdenken, wie es danach weitergehen würde; es würde sich schon irgendwie ergeben. Sie sprach inzwischen gebrochen Arabisch und würde sich halbwegs durchfragen können bis zu irgendeiner für sie brauchbaren ausländischen Botschaft. Dort würde man ihr dann hoffentlich weiterhelfen. Lena hatte natürlich auch schon darüber nachgedacht, ob Kai oder ihre Großmutter es irgendwie bewerkstelligen würden, ihr von außerhalb Hilfe zu schicken; diese Hoffnung hatte sie aber bald aufgegeben. Zu verschlungen waren die Pfade der Mädchenhändler um sie bis hierher verfolgen zu können. Auch versuchte sie die Erinnerungen und Gefühle aus der Vergangenheit soweit wie möglich zurückzudrängen, da sie jedesmal in tiefe Melancholie verfiel, wenn sie daran dachte, daß sie vielleicht ihre Heimat, ihre Oma und Kai niemals wiedersehen würde. Merit riet Lena sich noch etwas auszuruhen und die Salbe wirken zu lassen, danach verließ sie leise das Zimmer. Lena schloß die Augen  ...
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