... Bohlen gleiten. Wo war der Riegel? Sunu klopfte ungeduldig gegen das Holz... Stille. Er blickte kurz zu Hui, der immer noch nach einer Möglichkeit suchte, die Tür zu öffnen. Wütend hämmerte der Befehlshaber gegen das Hindernis, die Hoffnung auf eine Reaktion schon fast aufgebend. Da, war da nicht ein Kratzen auf der anderen Seite? Mahnend legte er den Finger an die Lippen, auch den Freund zu vollständiger Ruhe anhaltend. Da, tatsächlich, ein kaum wahrnehmbares Geräusch. Fieberhaft suchten sie nun weiter und entdeckten einen schweren Metallriegel ziemlich weit oben an der Tür. Mit vereinten Kräften schoben sie ihn zur Seite und steckten ihre Dolche in die Ritze, um die schwere Holzpforte nach außen zu ziehen. Als sie endlich ächzend über den unebenen Boden glitt, taumelte ihnen eine schmale Gestalt entgegen. Sunu konnte eben noch die Arme ausbreiten um sie aufzufangen bevor sie zusammensank. Hui hob die Fackel und Mitleid malte sich auf seinen Zügen ab, als er die abgezehrte Frau näher betrachtete. Ihre Gewänder waren schmutzig und zerrissen, ihre fleckigen Wangen eingefallen. Das einst prächtige Haar hing in feuchten Strähnen um das blasse Gesicht. Die Glieder waren mager und die Hände blutig. Mitfühlend schaute er auf Sunu, der keinen Blick von der auf seinen Armen Ruhenden nehmend, vorsichtig die Stufen nach oben erklomm. Hoffentlich würde die adlige Dame die ihr angetane Tortur überleben. Hui war sich dessen durchaus nicht sicher. Er beleuchtete den Boden für Sunu, damit er mit seiner leichten Last nicht stolperte; als dieser jedoch ohne zu überlegen den Weg zum Palast einschlagen wollte, hielt er ihn sanft an der Schulter zurück. „Wohin willst du mit ihr gehen?“ Fragend wandte der Befehlshaber den Blick, der bisher unverwandt auf dem bleichen Gesicht Tujas geruht hatte, dem Leibwächter zu. „Überlege doch, willst du sie wirklich in den Palast bringen?“ Endlich schien Sunu sich seiner Umgebung wieder bewusst zu werden. Und mit fester Stimme antwortete er: „Natürlich nicht. Du hast recht, Hui, dort wäre sie in unmittelbarer Gefahr. Würde Thut herausfinden dass sie noch lebt, würde er sofort etwas in die Wege leiten, um sie endgültig beiseite zu schaffen, ist sie doch die einzige Zeugin für sein unheiliges Bündnis mit Gaza. Aber wohin sollen wir sie bringen? Außer im Palast kenne ich in Theben keinen Menschen.“ Wie so oft sah der Befehlshaber die Zähne des Negers aufblitzen: „Ich hab da so eine Idee.“
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