... Narren, dass er nicht von selbst darauf gekommen war. Die beiden Soldaten, die ihn sicherlich für einen dummen Bauern vom Land hielten, wiesen ihm den Weg zur Audienzhalle. Wenig später hatte er die doppelflügelige Tür zum Saal erreicht und wurde vom Zeremonienmeister angekündigt. Er trat ein und fand sich in einem rechteckigen großen Raum, von dem drei Seiten von hohen goldenen Säulen bestanden waren. Den Boden zierte ein Mosaik, welches die Sonnenbarke in den verschiedenen Stadien ihrer Reise zeigte. Am Kopfende des Saales fehlten die Säulen, dafür führten fünf mit Elektrum überzogene Stufen, welche die ganze Breite des Raumes durchmaßen, zu einer Estrade mit zwei prächtigen Thronsesseln hinauf. Die ganze Szenerie war in das rötliche Licht von Fackeln und Alabasterlampen getaucht, da durch die schmalen hohen Fenster nur noch der blaue Nachthimmel zu sehen war. Sunu tat ein paar Schritte in den Saal hinein und warf sich dann zu Boden, bis er aus den Augenwinkeln bemerkte, dass Hatschepsut ihn mit einer Geste aufstehen hieß. Er trat bis an den Rand der Treppe, vor die beiden glitzernden Prunksessel, welche über und über mit Edelmetallen verziert waren. Auf den hochgezogenen Lehnen saßen zwei Horusfalken aus purem Gold, mit Smaragden, Rubinen und Lapislazuli verziert. Links und rechts wurde die amtierende Königin wieder einmal flankiert von den beiden riesigen Nubiern. Hatschepsut strahlte, wie fast immer, eine unnahbare Ruhe aus und ihre prachtvollen Gewänder wurden nur noch überstrahlt von ihrer außergewöhnlichen Schönheit. Da dieser Empfang wohl im öffentlichen Interesse lag, hatte sie die blaue Krone Ober– und Unterägyptens angelegt und trug die beiden Zeichen der Macht – Geißel und Krummstab. Bei dieser Audienz waren zahlreiche Personen anwesend. Einige waren Sunu bereits von der Reise bekannt, andere waren ihm noch nicht begegnet. Sein größtes Interesse galt dem jungen Mann, der auf dem Thron neben dem der Herrscherin saß. Es musste sich natürlich um Thutmosis II, den jüngeren Halbbruder Hatschepsuts handeln. Sunu versuchte ihn unauffällig zu mustern, während er darauf wartete, von der Königin entweder angesprochen, oder auf einen Platz verwiesen zu werden. Eine gewisse Ähnlichkeit konnte man den Halbgeschwistern nicht absprechen. Wie Hatschepsut hatte ihr Bruder hohe Wangenknochen und mandelförmige Augen. Allerdings war sein Gesicht etwas breiter, seine Nase größer und gebogen, die Augen hatten einen mutwilligen ...
◄ zurück blättern Beurteilen Sie den Text bitte fair.
Ihre echte Einschätzung hilft dem Autor seine Texte zu verbessern.
461 Leser seit 1. Jan. 2024 für diesen Abschnitt