... die Kleidung der Herrin, welch ein Frevel!“ Sunu wollte sich gerade erheben, als sein Fuß gegen etwas Leichtes stieß, was ein leises metallisches Geräusch auf dem Steinboden erzeugte. Sunu griff mit der Hand unauffällig nach dem kleinen Gegenstand und schob ihn heimlich in seinen Schurz. Warum er so handelte konnte er sich im Moment selbst nicht erklären. Mit einem letzten Blick auf die Tote richtete er sich auf, wandte sich ab und begann, gefolgt von den Soldaten, die Treppe hinabzusteigen. Unten angekommen befahl er ihnen: „Geht, sucht nach der Königin. Macht ihr Meldung über den Vorfall und sagt ihr, dass ich mit ihr sprechen muß, sobald es ihre Zeit erlaubt. Ihr findet mich in meinen Gemächern.“ Sunu wandte sich ab, rief aber noch über den Rücken zurück: „Schickt auch Patrouillen aus. Sie sollen das gesamte Gelände und alle Gebäude nach verdächtigen Gestalten absuchen.“ Obwohl es mit Sicherheit ein sinnloses Unterfangen war nach dem Mörder zu suchen, bei der Menge an Adligen, Dienern, Sklaven und Handwerkern, die den Palastbezirk bewohnten, ordnete der Leutnant diese Aktion an. Schließlich hatte man versucht, die Herrscherin von Kemet zu ermorden und, seiner klaren Ansicht nach, nur die falsche Person erwischt. Ohne zu zögern gehorchten die beiden Soldaten. Ob Hatschepsut bereits geklärt hatte, wie seine Position war, oder ob sie nur noch geschockt vom eben Erlebten waren, wusste Sunu nicht zu sagen. Er machte sich auf den Weg zu seinem Zimmer und ließ sich, dort angekommen, seufzend in das kühle Wasser seines Bades gleiten, nachdem ihm ein zuvorkommender Tunip beim Entkleiden geholfen hatte. Sunu schloß erschöpft die Augen und versuchte sich zu entspannen.
*
Tunip blickte misstrauisch auf seinen Herrn hernieder, während er einen zierlichen glänzenden Gegenstand in der Hand hielt, welcher beim Zusammenlegen von Sunus Schurz zu Boden gefallen war. Er konnte seinem Herrn ansehen, dass etwas geschehen sein musste. Vorerst verkniff er sich aber noch seine Neugier, da er merkte, dass Sunu erst einmal Ruhe brauchte. Der Schreiber verließ leise den Raum.
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Der Leutnant öffnete erschocken die Augen; beinahe wäre er in der bequemen Wanne eingeschlafen – er hatte ja schließlich in den letzten paar Tagen auch genügend Streß und einen minimalen Schlafanteil gehabt. Selbst die kurzen Ruhephasen konnte er nicht wirklich genießen, da die plötzlich auf ihm lastende ...
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