... trat sich verneigend von seinem Platz am Bug des Schiffes zur Seite, um der Herrscherin den etwas erhöhten Standpunkt zu überlassen. Sie neigte leicht den Kopf in seine Richtung und stieg die eine Stufe hinauf um sich dann, wie Sunu beunruhigt feststellte, ihrem spontanen Naturell gemäß gefährlich weit über die Rehling zu lehnen und ihrem Volk majestätisch zuzunicken. Das Begeisterungsgeschrei der Menge schwoll zu einer schier unerträglichen Lautstärke an. Sunu war in Habacht-Stellung, damit er jederzeit hinzuspringen und die Königin vor einem Sturz bewahren konnte, aber es geschah nichts. Das Schiff bog in den befestigten Hafen des Palastes ein, der von einem riesigen Hof aus direkt zu den Gärten, Villen und dem exotischen Park des königlichen Palastgeländes überging. Das gesamte riesige Areal war von schützenden Mauern mit Wachtürmen umgeben, soweit Sunu das eben überblicken konnte. Um die Gesamtheit des Geländes zu erkunden würde er sicherlich Tage brauchen, schoß es ihm durch den Kopf. Er ließ seine Blicke wieder neugierig über Villen, Tempel und Unterkünfte schweifen die, wie in den Park hineingewürfelt, locker das große halbrunde Hafenbecken säumten. Er fragte sich, welches der größeren palastartigen Ziegel-Gebäude wohl das „Haus der Freude“ – also die Gemächer der Herrscherin beinhaltete. In den weit verschachtelten kleineren Gebäuden waren sicher die Wohnungen der Priester, Schatzmeister und allen möglichen Personals untergebracht. Hatschepsut hatte sich wieder in den Schatten der Aufbauten zurückgezogen, um ihre Ankunft vorzubereiten, so musste er nicht mehr ganz so aufmerksam sein. Auf dem Palastgelände wurde nicht jeder vorgelassen und so war es seiner Ansicht nach ungefährlicher als in Jebu oder in der Stadt Theben. Wie sehr er sich in dieser Annahme täuschte, sollte er noch früh genug erfahren.
*
Wenig später legten die Schiffe an den Stufen zum Kai an und der gesamte Hofstaat samt Angestellter, Diener und Sklaven begann sich auf die steinerne Mole zu ergießen, verteilte sich dann in verschiedene Richtungen zu den im Park verteilten Gebäuden. Die Königin und ihre engsten Vertrauten warteten ab, bis sich das Gewühl etwas gelegt hatte, und verließen erst dann, bereits von Sänften am Ufer erwartet, den Schutz der Prunkunterkünfte. Sunu trabte missmutig und seiner Ansicht nach nicht sehr standesgemäß neben den beiden Nubiern durch den Park vor der Sänfte her. Immer ...
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