… es mir sagen, er kam nicht nur, um sich zu entschuldigen, er wollte mit mir über etwas reden. Über etwas, dass für ihn sehr wichtig war.
Die Bahn hielt. Ich stieg schnell aus, zwar war es nicht meine Haltestelle, aber ich wollte plötzlich nicht mehr nach Hause. Ich lief über den Marktplatz Richtung Rathaus. Mark war extra bei mir vorbeigekommen, also konnte ich das selbe auch für ihn tun. Ich wollte für ihn da sein. Ich lief immer schneller. Mein Mantel war offen und mein Schal lag nur locker über meinen Schultern, doch mir war nicht kalt. Ich begann zu rennen. Rannte die Straßen entlang, vorbei an der Bäckerei, in der Danny und ich heute waren, vorbei an der alten Grundschule, die gerade für viel Geld saniert wurde, vorbei an der Kirche, vor der immer die Straßenmusiker saßen und alte Lieder spielten, vorbei an dem Stand, wo man für einen Euro eine Bratwurst kaufen konnte und vorbei an der Stadtbibliothek. Ich bog nach links auf die Hauptstraße, als ich plötzlich stehen blieb.
War das etwa ein Traum? Ich musste verrückt geworden sein oder mich in einer anderen Welt befinden.
Ich stand vor einem italienischen Restaurant und blickte durch das große Schaufenster hinein. Am vordersten Tisch, direkt neben der Bar, saß Henry. Mit einer jungen Frau. Nochmal. Henry mit einer jungen Frau. Ich ging näher ran, auch auf die Gefahr, von den beiden gesehen zu werden. Tatsächlich. War das seine Mutter? Unsinn. Was machte er da? Und wer war sie? Ich sah, wie sie sich unterhielten und immer wieder herzlichst lachten. Sie stießen gemeinsam an, mit Wein. Ich hatte Henry bisher nur Bier und Schnaps trinken sehen. Er hielt das Glas sogar am Stiel. Hatte er sie etwa dafür bezahlt, dass sie mit ihm essen ging? Oder war sie diejenige, mit der er sich um acht treffen wollte und er hatte mich belogen. Ich konnte ihm nicht mal böse sein. Ich war fasziniert, wie viel Spaß die beiden hatten.
"Kann ich Ihnen helfen?"
Erschrocken fuhr ich zusammen. Einer der Kellner hatte mich anscheinend stehen sehen und kam zu mir raus.
"Was, nein danke, ich schaue mich nur um."
"Das sehe ich. Aber wir verkaufen keine Sachen oder Schuhe."
"Ja natürlich, so war das auch nicht gemeint. Ich werde jetzt gehen."
"Ja. Sehr gut."
"Auf wiedersehen."
Der Kellner drehte sich mit rollenden Augen sofort wieder um und ging hinein. Ich hatte ihn also nicht mit meiner Süßes-Mädchen-Nummer überzeugen können. Aber das war auch kein Wunder. Ich sah aus wie eine Kleinkriminelle, …
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