Mit Mama und Papa habe ich selten Kontakt und wenn, geht es nur um mein Kind, von mir und meinem Leben wollen sie nichts wissen, sie sind daran nicht interessiert.
Ich soll jetzt Motorrad fahren lernen und habe so entsetzliche Angst davor. Das werde ich niemals können und bestimmt ist das noch schlimmer, als das damals mit dem Pferd. Um zu erleben, wie herrlich diese Sache ist, soll ich hinten sitzen und am Sonntag, bei unserer ersten gemeinsamen Spritztour wird der Winzling zu guten Freunden gebracht. Ich bin toll ausstaffiert, ein schwarzer Lederkombi mit einem silbergrauen Helm, aber lieber wäre ich krank und würde mit Fieber im Bett liegen.
Es ist entsetzlich, in jeder Kurve lege ich mich zur falschen Seite und meine Stiefelfüße sind ihm oft im Weg. Er schreit, wenn ich etwas falsch mache. Als wir Rast machen, bin ich so zitterig, dass ich mich nicht traue, Essen zu bestellen. Ich bitte um eine Zitronenlimonade mit einem Strohhalm, denn mit allen anderen Sachen hätte ich mich mit meinem Tatterich bestimmt nur bekleckert. Er isst in aller Seelenruhe Sauerfleisch mit Bratkartoffeln und als er seinen Helm abnimmt, sieht er aus wie immer. Ich darf nicht dran denken, wie ich anzublicken bin. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir wünschen, dass er nach Hause braust und mich mit dem Auto wieder abholt. Hat er aber nicht, im Gegenteil, um mir zu zeigen, wie herrlich es ist, an den nobelsten Flitzern vorbei zu düsen, nimmt er die Autobahn. Unter meinem Helm habe ich die ganze Zeit geweint und daran gedacht, dass mein Winzling in den Abendstunden vielleicht eine Waise sein wird. Nach dieser Fahrt hat er noch weniger Stimme als nach einem Fußballspiel, er ist heiser vom vielen Schreien.
Um ihn versöhnlich zu stimmen, biete ich an, das Monstrum zu putzen und zu polieren, nur hinten drauf oder gar selber zu fahren, das möchte er mir doch bitte ersparen.
Ich sehe ihn mit dem Winzling tuscheln, wo denn der Schneeanzug wohl sein könnte und ich mache mir Gedanken, wozu er ihn im Sommer braucht.
Freitagmittag kommt er mit einem winzig kleinen bunten Helm, packt meinen Winzling trotz der Sommerhitze in den Winteranzug ein und setzt ihr zur Krönung auch noch ein Mützchen auf, weil der Helm ohne Mütze zu groß war. Als er startet, liegt sie quietschvergnügt vor ihm auf dem Tank. Ich habe nicht hingeschaut, als sie abfuhren und habe mich zu meinem Hund ins Haus verkrümelt.
Von der Straße höre ich die beiden ...
Ihre echte Einschätzung hilft dem Autor seine Texte zu verbessern.
30 Leser seit 1. Jan. 2024 für diesen Abschnitt