Wenn ein Tag schon so anfängt - Seite 1 von 20

Wenn ein Tag schon so anfängt...



Dreitausend Mark, gewonnen in einem Preisausschreiben, können den Alltag eines Bauhilfsarbeiters ganz schön durcheinander bringen, vor allem, wenn Träume und Frauen dabei im Spiel sind. Dann kann der Segen schnell zum Desaster entgleisen. Übrig bleiben eine Panik des Gewissens und die Flucht dorthin, wo der Mann sich auskennt.

Wenn ein Tag schon so anfängt...




Der Juppi zum Beispiel.

Er liegt mit hinter dem Kopf ineinander geflochtenen Fingern auf seinem Sofa, liegt bequem, liegt weich. Draußen heult der Wind, reißt die letzten gelben und roten Blätter von den Bäumen, wirbelt sie vor sich her. Es ist nicht gerade kalt, aber feucht, neblig, ungemütlich, das Thermometer soll noch sinken, es soll sogar Frost geben, den ersten im Jahr. Und endlich ist Freitag und Feierabend. Er röchelt ein wenig, rotzelt, sein linkes Nasenloch ist verstopft. Er hat die Heizung bis zum Anschlag aufgedreht, sich in eine Wolldecke eingewickelt. Nichtstunmüssen, Daheimbleibenkönnen, freut er sich, das wird erst so richtig rund, wenn es draußen schmuddelig und kalt ist. Und strampelt sich tief unter die Decke. Irgendwann fallen ihm die Augen zu, und irgendwann beginnen sie sich unter den Lidern heftig zu bewegen.

Ein aufdringliches Läuten reißt ihn weg von seinen Bildern im Kopf. Er fährt hoch, wäre fast vom Sofa gefallen, rubbelt sich mit den verschafften Händen zurück in sein Zimmer, streicht sich verschlafen über die Fast-Glatze, taumelt zur Sprechanlage. Wieder läutet es. Es dauert, bis er begreift: da steht keiner vor der Haustür, da schlägt das Telefon an. Unwillkürlich zieht er den Kopf in den Nacken, als sei sein Gewissen nicht ganz sauber. Das Ding geht so selten, daß er manchmal den Hörer abnimmt, nur um festzustellen, ob es noch funktioniert. Und jetzt...

„Ja“, sagt er zaghaft.

„Spreche ich mit Herrn Schnähbeli, Herrn Kasimir Schnähbeli?“ Die Stimme einer Dame. Der Blutdruck steigt. Kasimir hat sie gesagt. Keine guten Vorzeichen.

„Ja.“

„Hier ist die Glücksfee von der Firma EDO. Sie haben gewonnen, Herr Schnähbeli. Meinen herzlichen Glückwunsch, Herr Schnähbeli.“

„Sie wollen mich wohl veräppeln?“

Die Dame klingt ein wenig beleidigt. „Nein, glauben Sie mir ruhig, Herr Schnähbeli, Sie haben wirklich gewonnen.“

„Ich kaufe nichts.“

Die Stimme der Dame geduldig, versöhnlich, klebrig süß wie Zuckerwatte: „ Ach, Herr Schnähbeli, das sollen Sie ja auch nicht. Ich habe für Sie eine echte, wahrhaftige Überraschung, kostet Sie keinen Pfennig.“

Und überhaupt, grantelt der Juppi, er heiße nicht Schnähbeli wie ein verliebter Täuberich, er heiße Schnäbelli. „Mit zwei El hinten, verstehen Sie?“

„Verzeihen Sie, Herr Schnäbelli, mein Fehler.“

Schnell biegt er ab. „Neinein. Wie hätten Sie das auch wissen sollen? Aber haben Sie sich vielleicht verwählt?“

„Nicht, wenn Sie der  ...
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